Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Sachbuchautoren sind vom 18. bis 27. Oktober 2019 wieder zu Gast in der Vortragsreihe Wissenschaft beim Göttinger Literaturherbst. Neunmal präsentieren die Vortragenden jeweils um 19 Uhr in der Göttinger Paulinerkirche allgemein verständlich ihr Forschungs- oder Sachgebiet und geben den Zuhörerinnen und Zuhörern die Gelegenheit, neuste wissenschaftliche Erkenntnisse aus erster Hand zu erfahren. Bereits zum dreizehnten Mal laden die fünf Göttinger Max-Planck-Institute gemeinsam mit dem Göttinger Literaturherbst und der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek zu Wissenschaft beim Göttinger Literaturherbst ein. Preisträger der diesjährigen Science Communication-Medaille ist der deutsche Ornithologe Martin Wikelski, der als Direktor am Max-Planck-Institut (MPI) für Verhaltensbiologie forscht.
Martin Wikelski eröffnet die Reihe am Freitag, 18. Oktober, mit seinem Vortrag über das „Internet der Tiere“. Dabei gehen die Besucherinnen und Besucher mit dem Leiter der International Cooperation for Animal Research Using Space (ICARUS)-Mission auf große Distanz, um etwas Kleines zu beobachten: Mit dem satellitengestützten ICARUS-Beobachtungssystem will Wikelski die Wanderungen kleinerer Tiere wie Zugvögel, Fledermäuse oder Reptilien erstmals im globalen Maßstab beobachten. Gleichzeitig möchte der Ornithologe damit ein weltweites Netzwerk aufbauen, das Umweltdaten über den Zustand unserer Erde zusammenträgt, denn die mit Sendern ausgestatteten Tiere dienen auch als mobile Messstationen. ICARUS könnte so künftig vor Klimaveränderungen, Umweltzerstörung und Naturkatastrophen warnen und die Ausbreitungswege von Epidemien sichtbar machen. Wie ICARUS funktioniert – und wie jeder Interessierte am „Internet der Tiere“ mitwirken kann – erklärt Wikelski in seinem Vortrag und im anschließenden Dialog mit Herbert Jäckle vom MPI für biophysikalische Chemie.
Science Communication-Medaille
Martin Wikelski ist auch Preisträger der diesjährigen Science Communication-Medaille. Die Auszeichnung wird bereits zum sechsten Mal vom Beirat der Wissenschaftsreihe und dem Göttinger Literaturherbst verliehen. Sie ehrt Personen für ihre besonderen Verdienste, Erkenntnisse aus der Wissenschaft verständlich zu kommunizieren. Wikelski habe die Öffentlichkeit nicht nur in allgemeinverständlichen Vorträgen und Interviews für die Wissenschaft begeistert, sondern darüber hinaus interessierte Laien aktiv in die Forschung eingebunden, so die Jury. Wikelskis Motto ist: „Raus aus dem Labor, rein in die Natur!“ – und mit der von ihm und seinem Team entwickelten App Animal Tracker ist jeder aufgerufen, eigene Tierbeobachtungen in der Natur zu dokumentieren und so zur Bürgerforscherin und zum Bürgerforscher (Citizen Scientist) zu werden. Mit der App gewannen Wikelski und seine Mitarbeiter 2014 bereits den Citizen Science-Wettbewerb, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Berliner Museum für Naturkunde und der Initiative Wissenschaft im Dialog jährlich ausgerichtet wird. Die Science Communication-Medaille wird Wikelski im Rahmen seines Vortrags am Eröffnungsabend verliehen.
Auch am folgenden Abend, Samstag, 19. Oktober, verweilen die Zuhörerinnen und Zuhörer im Weltraum, denn der Physiker und Wissenschaftsjournalist Thorsten Dambeck erzählt die spannende Geschichte hinter Neil Armstrongs „großem Schritt für die Menschheit“ vor 50 Jahren auf dem Mond. Wie gestalteten sich die Anfänge der Mondraumfahrt? Wie lief das Wettrennen um das All in den 1960er-Jahren wirklich ab? Antworten darauf liefert Dambeck in seinem Buch Das Apollo-Projekt (Kosmos 2019) und in seinem Vortrag über das Abenteuer Mondlandung. Den Abend moderiert Sami K. Solanki vom MPI für Sonnensystemforschung.
Einblicke einer gänzlich anderen Größenordnung gewährt am Sonntag, 20. Oktober, Johannes Krause, Direktor am MPI für Menschheitsgeschichte und Experte für die Entschlüsselung von DNA aus alten Knochen. In seinem Buch Die Reise unserer Gene (Propyläen 2019, zusammen mit Thomas Trappe) stellt er klar: Den europäischen Urmenschen gibt es nicht. Warum das so ist und was unsere genetischen Beziehungen zu Frühmenschen mit heutigen Migrationsdebatten zu tun haben, schildert Krause in seinem Vortrag und im anschließenden Gespräch mit Patrick Cramer vom MPI für biophysikalische Chemie.
Zurück in die Tiefen des Universums geht es am Montag, 21. Oktober, mit einem Vortrag über Gravitationswellen. Albert Einstein hatte diese Kräuselungen der Raumzeit vorausgesagt, ihre direkte Messung aber für unmöglich gehalten. Wie Forschern die Messung 100 Jahre nach Einsteins Aussage dennoch gelang, berichtet Bruce Allen, Direktor am MPI für Gravitationsphysik, in seinem englischsprachigen Vortrag. Warum uns Gravitationswellen ein neues Fenster zum Universum öffnen, wird Allen im Dialog mit Helmut Grubmüller vom MPI für biophysikalische Chemie erläutern.
Der ZDF-Redakteur und Historiker Frank Vorpahl nimmt am Dienstag, 22. Oktober, die Besucherinnen und Besucher mit auf seine Spurensuche über Georg Forster. Wer war dieser große Entdecker und Aufklärer? Für sein Porträt Forsters (Der Welterkunder, Galiani Berlin 2018) war Vorpahl jahrzehntelang auf Entdeckungsreise entlang der Route des Weltumseglers James Cook, den Forster begleitete. In der Wissenschaftsreihe beim Literaturherbst gibt Vorpahl Einblicke in das Leben dieser faszinierenden Figur der deutschen Zeitgeschichte und spricht im Anschluss mit Patrick Cramer vom MPI für biophysikalische Chemie.
Unsere nächsten Verwandten, die Primaten, sind mal lustig, mal ernst, mal draufgängerisch, mal ängstlich. Sie dabei im Feld ohne eigene Emotionen zu beobachten, ist die Kunst und Gabe, für die die Entwicklungspsychologin Katja Liebal ihre Kollegin Julia Fischer vom Deutschen Primatenzentrum bewundert. In ihrem Gesprächsband Emotionen im Feld (transcript 2019) hat Liebal die Forscherin befragt, wie man Primaten möglichst emotionsfrei beobachtet. Mit den beiden Wissenschaftlerinnen unterhält sich Fred Wolf vom MPI für Dynamik und Selbstorganisation am Mittwoch, 23. Oktober.
Von wegen schön, das Universum ist hässlich! Diese Position vertritt die theoretische Physikerin Sabine Hossenfelder. Schöne Theorien dominierten die Physik und Hossenfelder ist sich sicher: Deshalb gibt es seit mehr als vier Jahrzehnten keinen Durchbruch in der Grundlagenphysik. Die Forscherin klärt in ihrem Vortrag am Freitag, 25. Oktober, über schöne wie hässliche Theorien auf und diskutiert im Anschluss die Thesen aus ihrem Buch Das hässliche Universum (S. Fischer 2018) mit Stephan Herminghaus vom MPI für Dynamik und Selbstorganisation.
Um Gefühle geht es am Samstag, 26. Oktober: Eva Illouz erklärt, warum Beziehungen in die Brüche gehen (Warum Liebe endet, Suhrkamp 2018) und was der Kapitalismus damit zu tun hat. Die Professorin für Soziologie erforscht seit vielen Jahren die Wirkung des Kapitalismus auf das Liebesleben und wirft einen prüfenden Blick auf die daraus resultierenden Liebesmodelle. Von ihren Erkenntnissen berichtet Illouz in ihrem englischsprachigen Vortrag und im Gespräch mit Frauke Alves vom MPI für Experimentelle Medizin.
Wie verändern Ängste und Depressionen unser Riechvermögen? Und was hat Riechen mit Alzheimer zu tun? Johannes Frasnelli, Mediziner und Neurowissenschaftler, hat sich ganz der Erforschung des Riechvermögens und dessen Wirkung auf das menschliche Gehirn verschrieben. Am Sonntag, 27. Oktober, führt Frasnelli uns vor Augen: Wir riechen besser als wir denken (Molden 2019). Den Abschlussabend der Vortragsreihe Wissenschaft beim Göttinger Literaturherbst moderiert Walter Stühmer vom MPI für Experimentelle Medizin.
Gemeinsame Pressemitteilung der fünf Göttinger Max-Planck-Institute,
der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
und des Göttinger Literaturherbstes