Wie wird sich COVID-19 in den kommenden Tagen ausbreiten? Macht es etwas aus, ob wir unser Verhalten ändern? Und wie lange dauert das alles?
Wir haben drei verschiedene Zukunftsszenarien durchgespielt (Abbildung 1). Entweder machen wir weiter wie bisher. Dann bleibt die Wachstumsrate bei rund 28 % pro Tag (rot). Wenn wir unsere Kontakte partiell einschränken (orange) und nur noch etwa halb so viele Menschen treffen, dann wird das exponentielle Wachstum etwas langsamer. Wir gewinnen etwas Zeit. Wenn wir deutlich striktere Maßnahmen für alle Menschen einführen, dann kann die Kurve abflachen (grün).
Das Ziel ist, dass jeder Infizierte weniger als eine neue Person infiziert! Dann flacht die Kurve ab.
An der Entwicklung der gesamten Fallzahlen sieht man sehr anschaulich, dass eine Änderung des Verhaltens erst in 7-10 Tagen sichtbar wird. Erst am Tag 7 fangen die Kurven an, auseinanderzulaufen. Das liegt daran, dass schon jetzt viele Personen infiziert sind, aber noch nicht als solche erkannt und getested sind. Deswegen ist es besonders wichtig, sobald wie möglich die Wachstumsraten zu reduzieren. Wenn wir noch 5 Tage warten, dann werden wir selbst im besten Szenarium gut dreimal so viele Fälle haben (Abb. 1B)! Das bedeutet auch dreimal so viele schwer erkrankte Fälle, die ärztliche Hilfe, Krankenhäuser, Behandlungen auf Intensivstation und Beatmungsgeräte benötigen. Dadurch würde die Anzahl der Todesfälle deutlich steigen! Um diese Leben zu retten, müssen wir jetzt handeln.
Der Quellcode für unsere Vorhersagen (Python) und eine detaillierte Beschreibung der Methoden sind auf github verfügbar.
Unsere Skizzen basieren auf recht einfachen Abschätzungen. Sie dienen vor allem dazu, einen Eindruck der möglichen Entwicklung in den nächsten zwei Wochen zu geben. Es gibt natürlich eine Reihe komplexerer Modelle. Diese sind sehr wichtig, wenn es um langfristige Vorhersagen geht oder um möglichst präzise Fallzahlen. Solange aber kaum Menschen in Deutschland immun sind, und solange wir nur kurzfristige Vorraussagen machen, kann man sehr viel mit exponentiellem Wachstum und möglichen Änderungen in der Wachstumsrate beschreiben.
Abbildungen: MPRG Priesemann, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation
Veröffentlicht in: Science