Immunzellen mit Funktionsupgrade

Cytomegalievirus-Infektionen bei Primaten stimulieren die Produktion spezieller natürlicher Killerzellen, die auch in der Antikrebstherapie eine Rolle spielen könnten

Adaptive natürliche Killerzellen werden bei Primaten nach einer CMV-Infektion in größerer Menge gebildet. Sie sind außerdem dazu in der Lage Tumorzellen zu eliminieren. Ihre Erforschung ist deshalb für die Krebsforschung interessant. Abbildung: Lutz Walter

Das Cytomegalievirus (CMV) gehört zur großen Familie der Herpesviren und ist weltweit verbreitet. In Deutschland sind nach Angaben des Robert-Koch-Institutes rund 70 Prozent der Erwachsenen CMV-positiv. Wie andere Herpesviren auch verbleibt CMV nach Erstinfektion ein Leben lang im Körper. Bei immungesunden Menschen verläuft die Erkrankung unproblematisch und äußert sich, wenn überhaupt, lediglich mit Erkältungssymptomen. Bei Neugeborenen und immunsupprimierten Menschen können jedoch lebensbedrohliche Komplikationen auftreten, die sich in Lungenentzündungen, Leber- und Darmschädigungen sowie Entzündungen der Netzhaut bis hin zur Erblindung äußern. Infizieren sich Schwangere mit dem Virus, kann das zu Wachstumsverzögerungen, Hörschäden und neurologischen Spätschäden des Kindes führen.

Auf Ebene des Immunsystems ist bekannt, dass eine CMV-Infektion beim Menschen zur vermehrten Bildung spezieller Immunzellen führen kann. Diese adaptiven natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) besitzen einen besonderen Rezeptor auf ihrer Oberfläche und können CMV-infizierte Zellen binden und abtöten. So kontrolliert unser Immunsystem die latente Infektion und hält sie in Schach.

NK-Zellen gehören zu den Lymphozyten des angeborenen Immunsystems. Ihre Aufgabe ist es, virusinfizierte Zellen und Tumorzellen im Körper zu eliminieren. Adaptive natürliche Killerzellen haben gegenüber den regulären NK-Zellen den Vorteil, dass sie schneller reagieren, langlebiger sind und einen Gedächtniseffekt besitzen. Etwa ein Drittel aller CMV-positiven Menschen besitzt die adaptiven NK-Zellen in größerer Menge.

Ein Forschendenteam um Lutz Walter, Leiter der Abteilung Primatengenetik am Deutschen Primatenzentrum, wollte herausfinden, ob die adaptiven NK-Zellen auch bei CMV-infizierten Rhesusaffen nachweisbar sind. Genau wie beim Menschen ist das Virus auch bei dieser Primatenart weit verbreitet.

„Zunächst haben wir Antikörper hergestellt, mit denen wir den Rezeptor der adaptiven NK-Zellen spezifisch nachweisen konnten; das war bislang noch nicht möglich“, sagt Lutz Walter. „Somit konnten wir die betreffenden NK-Zellen zweifelsfrei identifizieren und konnten zeigen, dass bis zu 73 Prozent der NK-Zellen in CMV-positiven Tieren adaptive Zellen waren. Das bedeutet, dass die Wirkung der CMV-Infektion auf die Bildung adaptiver NK-Zellen bei Affen genauso funktioniert wie bei Menschen. Der Vorgang ist also in Primaten offenbar vor langer Zeit entstanden und evolutionär festgelegt.“

Die Studie zeigt damit, dass Rhesusaffen ein gutes Modelltier für die Erforschung der CMV-Infektion im Menschen sind. In Mäusen beispielsweise, verläuft die Immunreaktion nach CMV-Infektionen anders. Deshalb eignen sie sich nur bedingt als Versuchstiere um spezifische Aspekte der Erkrankung zu erforschen.

Ein zusätzlicher Vorteil der adaptiven NK-Zellen ist, dass sie im Gegensatz zu den regulären NK-Zellen über ihren besonderen Rezeptor auch bestimmte Tumorzellen eliminieren können. Diese Antitumorwirkung macht sie möglicherweise interessant für neue Antikrebstherapien. Die weitere Erforschung der Funktionsweise der adaptiven NK-Zellen in Primaten ist deshalb sowohl für das bessere Verständnis der CMV-Infektion als auch für die Krebsforschung von Bedeutung.

Originalpublikation
Hasan MZ, Höltermann C, Petersen B, Schrod A, Mätz-Rensing K, Kaul A, Salinas G, Dressel R, Walter L (2022): Detailed phenotypic and functional characterization of CMV-associated adaptive NK cells in rhesus macaques. Frontiers in Immunology 13: 1028788. doi: 10.3389/fimmu.2022.1028788, https://doi.org/10.3389/fimmu.2022.1028788

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