Wie Investoren strategische Konflikte von Unternehmen auflösen können

Forschungsteam der Universitäten Göttingen und Groningen zeigt Bedeutung von Investoren auf

Unternehmensstrategien sollten möglichst einzigartig, also hochgradig unternehmensspezifisch sein. Damit können Unternehmen sich langfristig erfolgreich im Wettbewerb behaupten. Allerdings reagiert der Kapitalmarkt, unter anderem Analystinnen und Analysten, häufig negativ auf die Vorstellung einzigartiger Strategien. Der Grund: Durch das Abweichen von branchentypischen Standards sind diese komplexer zu evaluieren. Dies schreckt Unternehmen regelmäßig ab, auf einzigartige Strategien zu setzen, obwohl diese langfristig für das Unternehmen vorteilhaft wären. Dieser Widerspruch wird als Einzigartigkeitsparadox bezeichnet. Ein Forschungsteam der Universitäten Göttingen und Groningen hat untersucht, welchen Einfluss verschiedene Typen von Investoren auf das Ausmaß des Paradoxes und somit auf die Wahl einzigartiger Strategien haben. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Strategic Management Journal erschienen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werteten dafür Daten von circa 900 börsengelisteten US-Unternehmen über einen Zeitraum von zwölf Jahren aus. US-Unternehmen stehen aufgrund der größeren Anzahl von börsennotierten Unternehmen im Fokus. Die wesentlichen Ergebnisse: Die Kapitalanleger eines Unternehmens haben signifikanten Einfluss auf die Einzigartigkeit der gewählten Strategie. Zunehmender Einfluss geht von „dedicated“ Investoren aus. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie eine langfristig orientierte Perspektive einnehmen und bereit sind, sich intensiv mit den Unternehmensstrategien auseinanderzusetzen – wie beispielsweise bei Pensionsfunds. Sie können helfen, das Einzigartigkeitsparadox aufzulösen, da sie den Wert einzigartiger Strategien für eine langfristig orientierte Unternehmensentwicklung erkennen können. „Sie bestärken mit höherer Wahrscheinlichkeit das Management, diese Strategien auch umzusetzen“, sagt Co-Autor Prof. Dr. Michael Wolff, der die Professur für Management und Controlling an der Universität Göttingen innehat. „Dies gilt im besonderen Maße für Branchen, deren Unternehmen für den Kapitalmarkt schwerer einzuschätzen sind, weil die Unternehmensgewinne zum Beispiel stark variieren.“

Aus der Studie leitet das Forschungsteam konkrete Handlungsempfehlungen ab. Erstens zeigt die Studie Unternehmen die hohe Bedeutung einer kontinuierlichen und vor allem ausführlichen Strategiekommunikation mit den Investoren auf. Hierbei gelte es insbesondere, transparent und nachvollziehbar die Gründe für ein Abweichen von den Strategien anderer Unternehmen der gleichen Branche darzulegen. Zweitens zeigt die Studie Investoren auf, wie wichtig ihre Funktion als Eigentümer aktiv bezüglich einer systematischen Auseinandersetzung mit der Unternehmensstrategie ist, um das Management darin zu bestärken, langfristig zu agieren. Drittens macht die Studie deutlich, dass bisher sehr passiv agierende Investoren von Institutionen, die den Kapitalmarkt regulieren, stärker in die Pflicht genommen werden sollten, sich intensiver mit den Unternehmen und ihren Strategien zu beschäftigen.

Originalveröffentlichung: Jana Oehmichen, Sebastian Firk, Michael Wolff, Franz Maybüchen (2021). Standing out from the crowd: Dedicated institutional investors and strategy uniqueness, Strategic Management Journal. https://doi.org/10.1002/smj.3269

 

Kontakt:
Prof. Dr. Michael Wolff
Georg-August-Universität Göttingen
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Professur für Management und Controlling
Platz der Göttinger Sieben 3, 37073 Göttingen
Telefon: 0551 / 39-27273
E-Mail: michael.wolff(at)wiwi.uni-goettingen.de