Soziales Umfeld beeinflusst die Risikobereitschaft von Entscheidungsträgern

Göttinger Forscher untersuchen die Wirkung von Einkommensunterschieden

Links: Dr Stephan Mueller Rechts: Professsor Holger Rau Foto: Gesche Quent

Haben Einkommensunterschiede Auswirkungen auf die Risikobereitschaft von Entscheidungsträgern? Mit dieser Frage haben sich Wirtschaftswissenschaftler der Universität Göttingen beschäftigt. Das Ergebnis ihrer Studie ist, dass sich die Risikobereitschaft von Personen erhöht, sobald diese ein geringeres Einkommen als andere Personen haben, mit denen sie sich vergleichen. Gleichzeitig gehen Entscheidungsträger geringere Risiken ein, wenn sie ein höheres Einkommen als die Vergleichspersonen haben. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Games and Economic Behavior erschienen.

Dr. Stephan Müller und Prof. Dr. Holger A. Rau von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen untersuchten die Risikopräferenzen von 236 Studierenden in Computer-Laborexperimenten. Risikopräferenzen spielen eine wichtige Rolle auf Finanz- und Gütermärkten, da sie das Investitionsverhalten und die damit verbundenen Gewinne und Verluste von Investoren bestimmen. Aus diesen Handlungen resultieren Einkommensunterschiede zwischen den Akteuren. Beispielweise erzielen Anleger auf Finanzmärkten langfristig höhere Renditen, wenn sie höhere Investitionsrisiken eingehen. Daher führt riskantes Investitionsverhalten in der Regel dazu, dass das Einkommen von Investoren auseinanderdriftet.

„Erzielt zum Beispiel ein Fondsmanager höhere Gewinne als sein Kollege, so kann dies zur Folge haben, dass sich die Risikobereitschaft seines Kollegen signifikant erhöht, um die bestehende Einkommenslücke zu schließen“, sagt Rau. Umgekehrt verhalten sich Entscheidungsträger weniger riskant, wenn sie feststellen, dass die Vergleichsperson ein kleineres Einkommen aufweist. „Interessanterweise sind die Ergebnisse der Veränderung der Risikobereitschaft davon abhängig, wie stark die Abneigung der Testpersonen gegenüber Ungleichheit ist“, ergänzt Müller. Die Ergebnisse dieser Studie liefern wertvolle Erkenntnisse zur Ausgestaltung von Arbeitsverträgen, um durch Organisationsstrukturen und Informationspolitiken das Risikoverhalten der Arbeitnehmer zu steuern. Weiterhin liefert die Studie Erkenntnisse im Zusammenhang von Versicherungskonzepten für soziale Projekte, um das bestehende finanzielle Risiko für Förderer zu minimieren. 

Originalveröffentlichung:Stephan Müller, Holger A. Rau. Decisions under uncertainty in social contexts. Games and Economic Behavior (2019). https://doi.org/10.1016/j.geb.2019.04.006

Kontakt:
Dr. Stephan Müller
Georg-August-Universität Göttingen
Professur für Mikroökonomik
Platz der Göttinger Sieben 3, 37073 Göttingen
Telefon: 0551 39 9480
Stephan.Mueller(at)wiwi.uni-goettingen.de

 

Prof. Dr. Holger A. Rau
Georg-August-Universität Göttingen
Juniorprofessur für Experimentelle Wirtschaftsforschung
Platz der Göttinger Sieben 3, 37073 Göttingen
Telefon: 0551 39 22281
holger.rau(at)uni-goettingen.de