ERC Advanced Grant

Im Wettbewerb um Fördergelder des Europäischen Forschungsrats (ERC) haben sich auch Göttinger Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) durchgesetzt

[Translate to Deutsch:] Left: Prof. Dr. Stefan Jakobs. Right: Prof. Dr. Theofanis Kitsopoulos Photos: Irene Böttcher-Gajewski / Max Planck Institute for Biophysical Chemistry

Der Chemiker Theofanis Kitsopoulos, MPI für biophysikalische Chemie, erhält einen ERC Advanced Grant, der mit rund 2,5 Millionen Euro dotiert ist. Ein weiterer ERC Advanced Grant geht an Stefan Jakobs für ein Projekt an der Klinik für Neurologie der UMG. Jakobs ist auch als Forschungsgruppenleiter am MPI tätig.

Die Europäische Union zeichnet mit der Förderung Spitzenforscherinnen und -forscher aus, die bereits bahnbrechende wissenschaftliche Erfolge erzielt haben und ein neues, vielversprechendes Projekt auf ihrem Gebiet angehen möchten.

Kitsopoulos war mit seinem Antrag zur Grundlagenforschung im Bereich der Reaktionskinetik erfolgreich. Um bei chemischen Reaktionen die Reaktionsgeschwindigkeit zu steigern, werden sogenannte Katalysatoren eingesetzt. „Katalytische Prozesse tragen, direkt oder indirekt, mit 20 bis 30 Prozent zum weltweiten Bruttoinlandsprodukts bei“, erzählt Kitsopoulos. Solche Prozesse besser zu verstehen sei ein wichtiger Bestandteil, um neue nachhaltige Technologien zu entwickeln und vorhandene Techniken zu optimieren.

Ziel des nun bewilligten Forschungsvorhabens ist es, die wichtigsten Faktoren zu charakterisieren, die bestimmen, wie elementare Reaktionen an Oberflächen verlaufen. Darunter fällt zum Beispiel die chemische Struktur des Katalysators und die Geometrie der aktiven Zentren, also den Bereichen, an denen die Reaktionen auf atomarer Ebene ablaufen. 2018 wies Kitsopoulos mit Kohlenstoffmonoxid-Reaktionen auf einer Platin-Oberfläche nach, dass rund 40 Jahre lang traditionelle Experimente zu falschen Interpretationen geführt hatten. Im jetzt geförderten Projekt Kinetics and Dynamics at Surfaces will der Forscher ein Verfahren entwickeln, um die Rate von chemischen Reaktionen an Festkörper-Oberflächen im Mikrosekunden-Bereich zu messen. Mit neuartigen bildgebenden Verfahren werden die Zusammensetzung, Geschwindigkeit und Winkelverteilungen der chemischen Produkte bestimmt, um entscheidende Informationen über die Dynamik und Kinetik katalytischer Oberflächenreaktionen zu erhalten.

Stefan Jakobs wird das Fördergeld nutzen, um tiefer in die Biologie der Kraftwerke in der Zelle – die Mitochondrien – einzutauchen und ihre Struktur und Dynamik im molekularen Detail zu untersuchen. Dabei kommen neben molekularbiologischen Methoden und Massenspektrometrie vor allem bildgebende Verfahren wie die von Chemie-Nobelpreisträger Stefan W. Hell am MPI entwickelte hochauflösende STED- und MINFLUX-Mikroskopie zum Einsatz. (jpy)

Über Theofanis Kitsopoulos
Theofanis Kitsopoulos promovierte in Chemie an der University of California in Berkeley (USA). Von 1991 bis 1993 forschte er an der Combustion Research Facility der Sandia National Laboratories in Livermore (USA). Anschließend folgte Kitsopoulos einem Ruf als Professor an das Department of Chemistry der Universität Kreta (Griechenland). Dort war er von 2007 bis 2010 stellvertretender Rektor. Seit 2012 ist Theofanis Kitsopoulos Projektgruppenleiter in der Abteilung Dynamik an Oberflächen am MPI für biophysikalische Chemie und zugleich Gruppenleiter am Institut für Physikalische Chemie der Universität Göttingen. Für seine wissenschaftliche Arbeit wurde er unter anderem mit dem Humboldt Foundation Award (2012) und dem Friedrich von Bessel Award (2004-2005) ausgezeichnet.

Über Stefan Jakobs
Stefan Jakobs studierte Biologie an der Universität Kaiserslautern und am Institute for Science and Technology der Universität Manchester (Großbritannien). Seine Promotion fertigte er 1999 am MPI für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln sowie dem John Innes Centre in Norwich (Großbritannien) an. Danach wechselte er zum MPI für biophysikalische Chemie nach Göttingen. Hier war er zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Später wurde er Leiter der Forschungsgruppe „Struktur und Dynamik der Mitochondrien“. In der Abteilung von Prof. Dr. Stefan Hell war er maßgeblich an der Entwicklung und Etablierung der hochauflösenden STED-Lichtmikroskopie für die Anwendung in der Biologie beteiligt. Seit 2010 hat er auch eine Professur an der Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Göttingen inne.

Über die ERC Advanced Grants
Die ERC Advanced Grants werden vom ERC seit 2008 vergeben. Bewerben können sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die unabhängige Gruppen leiten und mindestens zehn Jahre exzellenter Forschung vorweisen können. Die Förderquote liegt bei nur etwa zehn Prozent. In der aktuellen, zwölften Wettbewerbsrunde wurden 2052 Anträge eingereicht. Insgesamt bewilligte der ERC davon 222 Anträge mit einem Gesamtbudget von 540 Millionen Euro. Die einzelnen Förderprojekte werden über maximal fünf Jahre mit bis zu 2,5 Millionen Euro unterstützt.