Albrecht-Kossel-Preis für Marina Rodnina

© Irene Böttcher-Gajewski / Max Planck Institute for Biophysical Chemistry

Die Direktorin am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie in Göttingen wurde von der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) für ihre Forschung auf dem Gebiet der Biochemie ausgezeichnet. Der Preis wurde ihr am 21. Oktober 2021 feierlich verliehen.

Proteine sind praktisch an allen Vorgängen in lebenden Zellen beteiligt. Doch ihre Aufgaben können sie nur dann erfüllen, wenn sie fehlerfrei hergestellt werden. Dieser Prozess, Proteinbiosynthese genannt, ist äußerst komplex. Eine zentrale Rolle übernehmen dabei Ribosomen, die „Proteinfabriken“ lebender Zellen. Sie lesen die Protein-Bauanleitungen, die in unserem Erbgut codiert sind, präzise ab und verknüpfen nach diesem Plan Aminosäuren miteinander zu langen Ketten. Anschließend muss sich diese Aminosäurekette noch in ihre korrekte dreidimensionale Struktur falten. Erst dann ist das Protein funktionsfähig.

„Es gibt allerdings immer noch eine große Lücke in unserem Wissen, wie ein neu produziertes Protein seine Arbeitsfähigkeit erreicht“, berichtet Rodnina. Mit ihrem Team hat sie in den letzten Jahrzehnten bahnbrechende Methoden entwickelt, um Ribosomen zu erforschen, und konnte zentrale Prinzipien der Proteinproduktion offenlegen. Denn läuft bei diesem Prozess etwas schief, können die Folgen fatal sein. Fehler in der Proteinfaltung sind die Ursache vieler Krankheiten, darunter Alzheimer, Parkinson und andere neurodegenerative Erkrankungen.

Die Wissenschaftlerin und ihr Team haben dabei nicht nur entscheidende Einblicke geliefert, wie Ribosomen arbeiten und wie sie sicherstellen, dass Proteine zur richtigen Zeit am richtigen Ort produziert werden. „Wir verstehen nun auch sehr viel besser, wie ‚Störfälle‘ in der Proteinfabrik vermieden werden und welche Prozesse am Ribosom für die Qualitätskontrolle sorgen.“

Über die Preisträgerin
Marina Rodnina studierte Biologie an der Universität Kiew (Ukraine) und wurde am Institut für Molekularbiologie und Genetik der Ukrainischer Akademie der Wissenschaft 1989 promoviert. Mit einem Stipendium der Alexander von Humboldt Stiftung wechselte sie 1990 an die Universität Witten/Herdecke, wo sie von 1992 bis 1997 als wissenschaftliche Assistentin arbeitete. Nach der Habilitation 1997 wurde sie dort zur Universitätsprofessorin berufen und hatte von 2000 bis 2009 den Lehrstuhl für Physikalische Biochemie inne. 2008 wechselte sie als Direktorin an das MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen, wo sie seither die Abteilung Physikalische Biochemie leitet. Sie ist Mitglied der European Molecular Biology Organisation (EMBO), der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Academia Europaea. Rodnina erhielt unter anderem 2016 den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis, 2018 einen ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats und wurde 2019 mit der Otto-Warburg-Medaille der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie ausgezeichnet.

Über den Albrecht-Kossel-Preis
Seit 2014 vergibt die GDCh die Auszeichnung an Wissenschaftler*innen, die hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Biochemie erbracht haben. Der Namensgeber des mit 7500 Euro dotierten Preises ist Ludwig Karl Martin Leonhard Albrecht Kossel (1853 – 1927). Der deutsche Biochemiker und Physiologe erhielt 1910 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für seine Forschung an Proteinen und insbesondere Nukleinsäuren.

 

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