Asteroidenkrater auf der Erde erweitert Verständnis von Marskratern

Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen entdeckt Kraterbodensenkung anhand schüsselförmig gelagerter Vulkanasche-Schicht

Die Vulkanasche, ein sehr leichtes Gestein, zeichnet sich durch stickstoffreiche Silikatminerale (weiß) und dunkle Glimmerkristallen aus. Foto: Gernot Arp, Universität Göttingen

Das knapp 15 Millionen Jahre alte Nördlinger Ries mit seinen Seeablagerungen ist ein sedimentgefüllter Einschlagkrater. Er ist vom Aufbau vergleichbar mit den Kratern, die derzeit auf dem Mars erkundet werden. Neben verschiedenen anderen Ablagerungen am Beckenrand bilden vor allem geschichtete Tonablagerungen die Kraterbeckenfüllung im Ries. Ein Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen hat nun überraschend eine Vulkanasche-Schicht in dem Krater nachgewiesen. Zudem konnte das Team zeigen, dass sich der Untergrund des Kraters langfristig senkt, was wichtige Erkenntnisse für die Erkundung von Marskratern mit sich bringt. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Journal of Geophysical Research Planets erschienen.

Bisher ging man davon aus, dass sich diese Ablagerungen auf einem stabilen Kraterboden abgesetzt haben. Gleiches wird für Kraterablagerungen auf dem Mars angenommen, auch wenn sich dort immer wieder muldenförmige Lagerungen finden, deren Schichten sich an der Oberfläche als ringförmige Strukturen abbilden. Ein genaues Verständnis der Lagerungsverhältnisse und der zeitlichen Wechselbeziehungen der Abfolgen ist jedoch wichtig, um die chemische Entwicklung eines Kratersees und seine Lebensmöglichkeiten zu rekonstruieren.

Erstmals konnten die Forscherinnen und Forscher nun im Ries eine Vulkanasche-Schicht in den Seesedimenten der 330 Meter mächtigen Kraterfüllung nachweisen. „Das ist überraschend, da vulkanische Gesteine hier nicht mehr erwartet wurden, seitdem das kreisrunde Becken als Asteroidenkrater identifiziert wurde“, sagt Erstautor Prof. Dr. Gernot Arp vom Geowissenschaftlichen Zentrum der Universität Göttingen. „Eingeweht wurde die Asche von einem Vulkankomplex 760 Kilometer weiter östlich in Ungarn. Das Alter der Asche konnte auf 14.2 Millionen Jahre datiert werden“, ergänzt sein Kollege und Co-Autor István Dunkl.

Die Asche, inzwischen umgewandelt in stickstoffreiche Silikatminerale, zeigt eine überraschend stark „durchhängende“ Lagerung: Am Beckenrand ist sie an der derzeitigen Geländeoberfläche zu finden, während sie im Beckenzentrum in etwa 220 Metern Tiefe zum Liegen kommt. Eine nachfolgende systematische Auswertung von Bohrungen und geologischen Kartierungen belegt nun auch für die Ries-Kraterfüllung eine ringförmige Anordnung der zu Tage tretenden Schichten, mit den ältesten Ablagerungen am Rand und den jüngsten im Zentrum.

Berechnungen zeigen, dass diese Lagerung nicht allein dadurch erklärt werden kann, dass sich die unterlagernden Seeablagerungen absetzen. Vielmehr ist eine zusätzliche Absenkung um etwa 135 Meter nötig. Diese lässt sich nur durch Setzungserscheinungen des kilometertief zerrütteten Krateruntergrundes erklären. Während die genauen Mechanismen einer Kraterbodenabsenkung noch erforscht werden müssen, kann bereits eine einfache Modellrechnung zeigen, dass eine Absenkung in der genannten Größe durch Setzungserscheinungen der zerrütteten Untergrundgesteine grundsätzlich möglich ist. Damit lassen sich nun auch Schichtverstellungen in Kraterfüllungen auf dem Mars besser erklären, zumindest für Krater, welche eine enge zeitliche Abfolge von Kraterbildung und anschließender Wasserfüllung mit Sedimentation aufweisen.

Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Neben Geobiologen und Sedimentologen der Universität Göttingen waren auch das Bayerische Landesamt für Umwelt sowie die Brown University, Providence, USA, beteiligt.

 

Originalveröffentlichung: Arp, G. et al: A volcanic ash layer in the Nördlinger Ries impact structure (Miocene, Germany): Indication of crater fill geometry and origins of long-term crater floor sagging. Journal of Geophysical Research Planets (2021), doi:  https://doi.org/10.1029/2020JE006764
 

Kontakt:
Prof. Dr. Gernot Arp
Georg-August-Universität Göttingen
Geowissenschaftliches Zentrum – Abteilung Geobiologie
Goldschmidtstr. 3, 37077 Göttingen
Telefon: 0551 39 7986
E-Mail: garp@gwdg.de
www.geobiologie.uni-goettingen.de/people/garp/index.shtml